„Wenn du etwas wissen willst, so frage einen Erfahrenen und nicht nur einen Gelehrten“

(Recovery-College-Adaption eines chinesischen Sprichwortes)

„Es hat geholfen, meinen Selbstwert zu steigern, auch Spaß an der Sache zu empfinden trotz Herausforderungen! Außerdem war es eine großartige Gelegenheit, mein Hobby anderen näherzubringen und sowohl eigene Erfolge als auch die der Teilnehmer/innen zu erleben.“

A.L., Co-Trainer und Klient

Die Idee

Seit vielen Jahren begleitet uns in der start pro mente die Frage, wie die Berufsexpert:innen gemeinsam mit Menschen mit Erschütterungs- und Krisenerfahrungen auf gleicher Augenhöhe Konzepte und Angebote entwickeln können. Lange etabliert sind dazu schon unser Klient:innen- und Mitarbeiter:innen-Forum und unsere Recovery-Gruppen, die gemeinsam von Berufsexpert:innen mit Ex-In-Genesungsbegleitungen angeboten werden

Vor diesem Hintergrund hatten wir in den letzten Jahren die Entstehung von Recovery-Colleges im englischsprachigen Raum beobachtet. Ein Recovery College ist ein neues Bildungsangebot zu Psychischer Gesundheit. Es soll Wissen erweitern, praktische Erfahrung vermitteln und psychische Resilienz stärken.

Das Besondere: Die Kurse werden in Partnerschaftlicher Zusammenarbeit (Koproduktion) von Expert:innen durch Beruf oder Ausbildung gemeinsam und auf Augenhöhe mit Expert:innen mit eigener Krisen-Erfahrung entwickelt und durchgeführt.

Im besten Fall sollen damit alle Beteiligten Erfahrungen gewinnen, Kursteilnehmer:innen ebenso wie auch die Koproduktionsteams selbst.

Es war schnell klar, dass dieser Ansatz gut zu unserer Haltung und Arbeit passen könnte. Mit dem Aufkommen von Recovery-Colleges im deutschsprachigen Raum (Bern, Günzburg, Gütersloh, St. Gallen,…) stieg unser Interesse.




Der Anstoß

Startschuss für ein konkretes Projekt war der Vortrag des Recovery-Colleges Bern beim Kongress „Die Subjektive Seite der Schizophrenie“ 2023 in Wien, bei dem einige unserer Mitarbeiter:innen das Konzept mit Begeisterung aufgenommen hatten.


Diese Begeisterung war Ausgangspunkt für unseren laufenden experimentellen Prozess in der Auseinandersetzung mit der Idee eines Recovery Colleges in Tirol. Damit wollen wir mit dem Erfahrungen sammeln und vielleicht auch Fundamente für ein umfassenderes Recovery College legen.




Ein Rahmen für den Prozess

Vorab wurde festgelegt:

- Wir wollen zuerst versuchen, das Projekt ohne extern zugekaufte Expertise und Personal mit eigenen Ressourcen umsetzen. - Das Projekt braucht echtes Interesse, es kann nicht verordnet werden. Jede Teilnahme, ob von Mitarbeiter:innen oder Klient:innen, ist vollkommen freiwillig. - Thema soll mentale Gesundheit und Recovery sein. - Der formale Rahmen soll flexibel bleiben, um je nach den Bedürfnissen der teilnehmenden Personen in den einzelnen Teams Kurse zu ermöglichen. - Scheitern, Flops oder Abbrüche im Projekt gehören dazu - wichtig ist, aus allem was passiert Erfahrungen mitzunehmen. - Zunächst können die Teams wenn gewünscht start pro mente - intern Erfahrungen sammeln. Grundsätzlich ist Recovery College als Idee aber ein Angebot nach außen an alle Interessierten.

Die Frage war: Werden sich ohne Auftrag „von oben“ Koproduktions-Teams rund um geteilte Interessen und Themen finden?


Erste Phase - es geht los

Mit diesen Festlegungen im Gepäck begann dann die erste Phase. Dabei war vorab völlig unklar, ob und wenn ja in welche Richtung sich das Projekt konkretisieren würde. Mit dieser Unsicherheit im Gepäck startete der konkrete Prozess in verschiedenen Terminen:



  • Sonderforum (Herbst ´24) für alle Mitarbeiter:innen und Klient:innen Erklärung zum Konzept von Recovery Colleges, kurzer Film dazu, Fragen und Antworten und Einladung zum ersten von vielen
  • Treffen für Recovery-College-Interessierte (Herbst ´24 - laufend) Diese „RC-Treffen“ fokussieren, begleiten und erden den ganzen Prozess. Sie sind offen für alle interessierten Mitarbeiter:innen und Klient:innen.

Schon bei den ersten Terminen zeigte sich hohes Interesse am Konzept. Es war viel positive Energie im Raum. Fragen tauchten auf, es wurde viel diskutiert, geklärt, offen gelassen - und über Recovery gesprochen.
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Auch nach der Startphase blieben die Treffen offen. Wie erwartet ging dabei ab Start der konkreten Planungsphase in den Teams das Interesse von den Personen, die nicht Teil eines Teams waren, rasch zurück – bei Mitarbeiter:innen wie bei Klient:innen.

  • Arbeit in Teams mit Rückbindung in offene Treffen (Winter `24 – Sommer `25) Nach den ersten RC-Treffen hatten letztlich drei Klient:innen mehr oder weniger konkrete Ideen für Inhalte, die sie bei solchen Kursen vermitteln wollten, und in allen drei Fällen fanden sich auch Mitarbeiter:innen, die diese Interessen teilten und in einen Koproduktionsprozess einsteigen wollten. Damit hatten sich drei Koproduktionsteams gefunden!

Die drei Teams aus jeweils eine:r Klient:in und eine:r Mitarbeiter:in arbeiteten ihre Projekte in Treffen zu zweit aus und präsentierten ihren Stand bei den gemeinsamen RC-Treffen. Dort wurde Feedback eingeholt und auch Detailentscheidungen zur Umsetzung getroffen.

Drei Teams

Team Psyche

Ein Team begann sich mit konkreten psychischen Themen wie z.B. Angst auseinander zu setzen. Die Kombination aus Ausbildungs- bzw. Berufsexpertise mit der besonderen Erfahrungsexpertise einer Klient:in war vielversprechend. Leider musste das Team seine Arbeit aus externen, vom Projekt unabhängigen Gründen seine Arbeit nach einigen Wochen abbrechen.

Team Stop Motion

Ein Klient mit besonderer Expertise als Künstler brachte die Idee eines Stop-Motion-Filmprojektes ein, auch hier fand sich schnell eine Mitarbeiterin mit Interesse am Thema. Das Projekt wurde im ersten Versuch vorerst intern angeboten. Entwickelt wurde in wöchentlichen Terminen gemeinsam ein beeindruckender Kurzfilm, der im Frühjahr 2025 produziert wurde. Das Produkt der Gruppe spricht für sich, und auch von Seite der Teilnehmer:innen wie auch des Koproduktionsteams gibt es hoch zufriedene und erfreute Rückmeldungen.

Team Skaten

Im Zug der RC-Treffen erzählte ein Klient, dass ihm skaten (mit dem Skateboard) psychisch und physisch ein große Stütze war und ist. Mit der Unterstützung eines am Thema interessierten Mitarbeiters wollte er diese Erfahrung an andere weitergeben. So entstand das Konzept für Schnuppertermine auf dem und rund um das Skateboard, bei dem auch allgemein Bewegung und psychische Gesundheit aus mehreren Perspektiven beleuchtet werden. Es wurde per Flyer bekannt gemacht – auch hier zunächst intern – und mehrere Termine umgesetzt. Auch hier ist das Feedback aller Beteiligten durchwegs hoch zufrieden.

Allgemeine Erfahrungen aus der ersten Projektphase

Wie können die besten Erfahrungen für erreicht werden – für Kursteilnehmer:innen wie auch für die Personen der Koproduktionsteams?

Soweit unser Zwischenstand – to be continued…